SFB-Plenum Januar: Romy Jaster (Berlin)
30. Januar 2025
12:00 – 14:00 Uhr
US-S 002 (Seminarzentrum Obergraben)
Im Januar ist Dr. Romy Jaster (HU Berlin) zu Gast in unserem Plenum und hält einen Vortrag mit dem Titel „Zur Popularität verschwörungstheoretischer Gedankenfiguren“.
Verschwörungstheorien genießen erstaunliche Popularität: 35 Prozent der Deutschen glauben, die Regierung verheimliche absichtlich, wie viele Migranten in Deutschland leben; knapp 20 Prozent glauben, dass es eine kleine Gruppe mächtiger Personen gibt, die im Geheimen alles steuert bzw. dass die Nebenwirkungen von Impfungen mit Absicht verheimlicht werden. Immerhin acht Prozent glauben, der Klimawandel sei eine Erfindung. Was hat es mit solchen Verschwörungstheorien auf sich? Und wieso ist es so schwierig, mit Menschen zu diskutieren, die ihnen anhängen?
Die Antwort auf beide Fragen wird deutlich, wenn man die Parallelen zwischen Verschwörungstheorien und sogenannten skeptischen Hypothesen in den Blick nimmt. Berühmte skeptische Hypothesen sind etwa Descartes’ Täuschergott-Hypothese oder die Hypothese, wir seien Gehirne im Tank à la Matrix. Der Clue solcher Hypothesen besteht darin, dass sie sich strukturell gegen jedweden Gegenbeleg immunisieren. Eine ganz ähnliche Struktur zeigt sich bei Verschwörungstheorien, die statt eines bösen Dämons oder eines bösen Wissenschaftlers die Verschwörer als täuschende Instanz postulieren. Populär sind vor allem zwei Gedankenfiguren: Die Selbst-Immunisierung des eigenen Verschwörungsglaubens, oder – gerissener – die Verwendung eines gegen Widerlegung immunen Verschwörungsszenarios, um die Wissensansprüche der Mehrheitsgesellschaft infrage zu stellen.
Romy Jaster ist Philosophin an der Humboldt-Universität zu Berlin und verantwortet dort den Forschungs- und Lehrbereich „Philosophie & Öffentlichkeit“. Im laufenden Semester ist sie Forschungsfellow an der KFG Menschliche Fähigkeiten, ebenfalls in Berlin. Sie arbeitet in der angewandten Erkenntnistheorie zum Thema Desinformation und auf der Schnittmenge von Metaphysik und Handlungstheorie zu den Themen Fähigkeiten und Willensfreiheit. In einer Reihe von Aufsätzen hat sie sich zudem mit einladungspolitischen Fragen im Zusammenhang mit Wissenschaftsfreiheit und der sogenannten Cancel Culture beschäftigt. In der Öffentlichkeit äußert sie sich vor allem zu Desinformation, öffentlichem Diskurs und Streitkultur, insbesondere im digitalen Zeitalter.