Dr. Matthias Schaffrick (Neuere deutsche Literaturwissenschaft)
- schaffrick@germanistik.uni-siegen.de
- Telefon
- 0271 740-5413
- Raum
- AH-A 020
- Wissenschaftliche:r Mitarbeiter:in
- Vorstand
Ein Studium während der Nuller Jahre (bei mir waren es Deutsche Philologie; Psychologie; Kultur, Kommunikation & Management) hatte den Vorzug, hautnah miterleben zu können, wie sich die Universität mehr und mehr für das Populäre öffnete. Phänomene der Populär- und Popkultur wurden zu einem unverdächtigen, teils schon selbstverständlichen Gegenstand literatur- und kulturwissenschaftlicher Curricula. Veranstaltungen, in denen Songs von Trio oder Filme wie „Und täglich grüßt das Murmeltier“ diskutiert wurden, entfalteten bei den Studierenden einen besonderen Reiz. Ein Seminar zur „Pop-Literatur“ war mit über 150 engagierten Teilnehmer:innen ein Blockbuster, Publikumsrenner, Kassenschlager, eben sehr populär.
Die weniger populäre, aber dafür durchaus poptaugliche Systemtheorie Niklas Luhmanns („Der Popstar mit dem Zettelkasten. Die coole Hornbrille aus Bielefeld“, Tom Peukert) inspirierte mich zu einer Dissertation über Autorschaftsinszenierungen in Bereichen jenseits der Literatur (veranschaulicht an zwei sehr populären Beispielen: Joseph Ratzinger/Benedikt XVI. und Helmut Schmidt). Die Arbeit entstand in einem anderen Forschungsverbund, dem Exzellenzcluster „Religion und Politik“ in Münster bei Martina Wagner-Egelhaaf.
Mit diesem theoretischen Rüstzeug fiel der Wechsel von Münster nach Siegen, als Wissenschaftlicher Mitarbeiter von Niels Werber, nicht schwer. Von dieser Stelle aus habe ich das DFG-Projekt „Szenarien der Postsouveränität in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur“ (2018–2021) eingeworben. Außerdem war ich Fellow im Nachwuchsnetzwerk des Zentrums für interdisziplinäre Forschung (Bielefeld).
Die Debatten über das Populäre begannen 2016. Es erschien ein erster Aufsatz zur „Unterscheidung von Pop und Populärkultur“. Um die Begriffsgeschichte des Populären, die Auf- und Abwertungen des Begriffs zwischen ‚hoher‘ und ‚niederer‘ Kultur geht es in dem Buch Populäre Kulturen zur Einführung (Hamburg 2018, zus. mit Niels Penke). Insbesondere interessieren mich Listen, die Popularität ordnen, sortieren und behaupten. Zu Bestsellerlisten habe ich in der ersten Förderphase des SFB (2021–2024) im Rahmen der Cooperative Research Group „Listen, Rankings, Charts. Zur Behauptung von Popularität“ geforscht: „Bestsellerlisten in Theorie und Empirie. Ansätze einer Literatursoziologie des Populären“ (2024).
Nun untersuche ich im Teilprojekt A02 „Pop-Ästhetiken“ zusammen mit Thomas Hecken, wie sich innerhalb des Pop-Bereichs Widerstand gegen das Populäre formiert. Der Widerstand des Undergrounds, des Subversiven, des Coolen, Hippen, Queeren richtet sich nämlich zumeist gegen das, was nachweislich populär ist, gegen das, was auf den Bestsellerlisten, in den Charts und Rankings ganz oben steht. Warum und von wem werden Bestseller, Charterfolge oder Blockbuster unter Verdacht gestellt? Wie verhalten sich Pop-Ästhetiken zu den Phänomenen, die im SFB als Popularisierung zweiter Ordnung diskutiert werden, also zur Quantifizierung und zum Vergleich von Popularität in Listen? Die Ergebnisse des Projekts werden 2028 in einem Buch über die „Pop-Gegenkultur-Ästhetik“ im Bereich deutschsprachiger Gegenwartsliteratur nachzulesen sein.
Ich bin verheiratet und habe zwei Töchter.